24.11.2017 WICHTIGE ÄNDERUNG StVZO ab 2018 für Motorräder
Ja, die unsinnige Winterreifenpflicht für Motorräder wurde aufgehoben.
Jedoch hat die Neuerung wieder einmal nur den Fokus auf die Mehrspurfraktion.
Man kann jetzt lamentieren und die Schuld beim Gesetzgeber suchen, ABER, einige Reifenhersteller haben es schlicht versäumt, in den jahrelangen Diskussionen zur Reform der Winterreifenpflicht, die Interessen der Zweiradkollegen auch mit einzubringen.
Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen und der §36 StVZO wurde überarbeitet.
Die aktuellen internen Versuche der Verbände, hier noch etwas zu verändern, oder gar abenteuerliche Interpertationen der neuen Regelung zu konstruieren, hilft dem Motorradfahrer jetzt wenig.
Was war, bzw. ist passiert?
Wir erläutern jetzt nicht das Thema Winterreifen-Pflicht, sondern was ändert sich für die Motorrad-Fahrer grundsätzlich.
Die Zweirad-Reifenhersteller nutzten über Jahrzehnte eine Gesetzeslücke, die der Gesetzgeber nun (ob richtig oder falsch) geschlossen hat.
Aufgrund ihres grobstolligen Profils können Off-Road-Reifen (Bsp. Conti TKC80, Heidenau Scout, Metzeler Karoo, Michelin Anakee Wild uva.) nur eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit schadlos überstehen.
Damit der Kunde diese Reifen trotzdem nutzen konnte, prägten die Reifenhersteller ein M&S-Symbol auf die Seitenwand und nutzten eine alte Winterreifenregelung (§36 StVZO alt).
Dieser § erlaubte, Reifen die eine M&S-Eignung haben, auch auf Fahrzeugen zu montieren, die eine deutlich höhere Endgeschwindigkeit aufweisen. (Allen bekannt vom PKW...Aufbringen eines M&S-Geschwindigkeitsaufklebers am Tacho erforderlich)
Da diese M&S-Eignung lediglich auf Zugwerten eines uraten Uniroyal basierte und von einem groben Profil sprach, fummelten die Motorrad-Reifenhersteller einfach dieses M&S Zeichen auf die Seitenwand und flux konnte jeder Grobstöller auch auf leistungsstarken-schnellen Fahrzeugen gefahren werden.
Das ist ab dem 01.01.2018 vorbei!!!!§36 StVZO neu, erlaubt dies in Zukunft nur noch, wenn der Reifen seine Wintereigenschaften durch das genormte Schneeflockensymbol nachweist.
§36 StVZO NEUNa kein Problem, denkt nur der Kunde, sollen die doch dann einfach die Schneeflocke einprägen (der türkische Reifenbauer Anlas hat das doch schmerzfrei auch gemacht)
.Weit gefeht!!
Wie alles, ist auch die Schneeflocke in der EU genormt, eine Prüfung für Einspurfahrzeuge ist hier nicht vorgesehen.
Das bedeutet nun im Klartext:
Reifen mit der alten M&S-Kennung dürfen auf Motorrädern, deren Höchstgeschwindigkeit höher als der Speedindex des Reifen ist, ab dem 01.01.2018 nur genutzt werden, wenn sie vor dem 31.12.2017 produziert wurden, also DOT 2017 besitzen.
Diese Reifen können dann noch bis 2024 abgefahren werden.
Reifen mit DOT 2018 und jünger, müssen ab dem 01.01.2018 mindestens den gleichen Speedindex aufweisen, wie der Speedindex, der in den Fahrzeugpapieren vermerkt ist.
Bsp. Yamaha XT 1200 Z Super Tenere
110/80B19 59T (M&S) Heidenau K60 Scout aus DOT 2017 und früher...kann genutzt werden bis 2024
110/80B19 59T (M&S) Heidenau K60 Scout aus DOT 2018 und jünger...darf nicht mehr genutzt werden.
Ganz lustig wird es für die BMW-GSler oder RnineTler.
In den Fahrzeugpapieren (NUR ECE-Papieren) hat BMW Reifen mit M&S-Kennung eingetragen...jedoch NUR dort.
Nutzt jetzt ein GS-ler diese Reifen oder bestellt gar eine 2018 GS mit dieser Bereifung ab Werk, ist aktuell fraglich, wie er den Kontrollorganen (TÜV oder Polizei) klarmachen will, ob er das denn darf. Denn nach der StVZO darf er es ab 2018 (mit Reifen ab 2018) eben nicht mehr!!!!!
Unsere Anfrage bei diversen Innenministerien der Bundesländer ergab....no comment..
Es bleibt in diesen Fällen also abzuwarten, wie es der Gesetzgeber nun schafft, den §36 neu in 2018 umzusetzen und ob nun ECE-Genehmigungen nationales Recht (StVZO) ausser Kraft setzen. (in Italien haben die nationalen Gesetze zur Sommerreifen-Pflicht, es getan).
Heidenau und Continental haben uns versichert, in 2017 ausreichend Reifen zu produzieren, um in 2018 genügend Reifen aus DOT 2017 für ihre Kunden zur Verfügung stellen zu können.
Stellungnahme Heidenau 15.01.2018Neuregelung im Bereich Winterreifen mit M+S Kennzeichnung
Wie Sie sicher mitbekommen haben, sorgt die Gesetzesänderung für Winterreifen besonders am
Zweiradmarkt für reichlich Unruhe.
Grund ist die 52. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 31.05.2017, die
mit der einhergehenden Änderung von StVO und StVZO auch unmittelbare Auswirkungen auf bestimmte
Reifen für motorisierte Zweiräder hat.
Generell fällt mit der Änderung der STVO §2 Punkt 3a die situative Winterreifenpflicht für einspurige
Fahrzeuge weg. Demnach müssen motorisierte Zweiräder keine Winterreifen mehr verwenden, auch
wenn winterliche Bedingungen herrschen.
Was sind Winterreifen im Sinne des Gesetzes?
Zum einen gibt es in der StVZO §36 Punkt 4 den Absatz 2, wonach mit Änderung vom 31.05.2017
Reifen für winterliche Wetterverhältnisse mit dem sogenannten Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit
Schneeflocke) gekennzeichnet sein müssen.
Demnach gelten Reifen - die nur über die M+S Kennzeichnung verfügen - nicht mehr als Winterreifen im
Sinne des Gesetzes. Es wäre also nicht mehr zulässig, M+S-Reifen mit einem niedrigeren
Geschwindigkeitsindex als die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeuges zu verwenden und
wie bisher einen entsprechenden M+S Geschwindigkeitsaufkleber anzubringen.
Im §36 Punkt 4a gibt es jedoch die Ausnahme, wonach Reifen, die nur eine M+S Kennzeichnung haben
und nicht nach dem 31.12.2017 hergestellt worden sind, weiterhin bis zum Ablauf des 30.09.2024 als
Reifen für winterliche Wetterverhältnisse gelten und somit auch weiterhin in Kombination mit einem M+S
Aufkleber im Sichtbereich des Fahrers eingesetzt werden dürfen.
Selbstverständlich haben wir unsere Lagerbestände zum Jahresende 2017 hochgefahren, um möglichst
lange Reifen mit DOT 2017 anbieten zu können.
Wie ist die Situation, wenn keine Reifen mit DOT <2018 mehr verfügbar sind?
Nach deutschem Recht wäre es dann nicht mehr möglich, mit M+S gekennzeichnete Enduroreifen
(Grobstoller) - deren Geschwindigkeitskennung unterhalb der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit
des jeweiligen Fahrzeuges liegt - zu nutzen.Auswirkungen:
Für Fahrzeuge, die vor dem 17.06.1999 mit nationaler ABE genehmigt wurden, gibt es keine Möglichkeit
mehr, M+S Reifen (die ab 01.01.2018 hergestellt wurden) mit einem niedrigeren Geschwindigkeitsindex
als die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeuges zu verwenden.
KONJUNKTIVFür Fahrzeuge, die ab dem 17.06.1999 nach Europäischen Gemeinschaftsrecht in Verkehr gebracht
worden sind, könnte sich aber eine Möglichkeit bieten, die M+S gekennzeichneten Reifen weiterhin zu
verwenden, auch wenn der Geschwindigkeitsindex unterhalb der bauartbedingen Höchstgeschwindigkeit
des Fahrzeuges liegt.
Denn nach Europäischem Recht ist die Verwendung der M+S gekennzeichneten Reifen weiterhin zulässig.
Für Fahrzeuge mit EG Betriebserlaubnis:
Basis war die Richtlinie 97/24 Kapitel 1 Anhang III Punkt 1.4.2
Auf dem Typenschild und in den Fahrzeugpapieren sollte einer der folgenden Bezüge zu den Europäischen
Rechtsvorschriften zu finden sein:
exx*92/61*
exx*2002/24*
„xx“ steht für das Länderkürzel der Genehmigungsbehörde. Beispiel DE:e1, IT: e3; NL: e4
Für Fahrzeuge mit EG Betriebserlaubnis EURO 4:
Im Falle der Euro-4 Fahrzeuge findet sich die Vorschrift im delegierten Rechtsakt 3/2014 Anhang XV
Anforderungen an die Montage der Reifen Punkt 4.2.2.
Auf dem Typenschild und in den Fahrzeugpapieren sollte einer der folgenden Bezüge zu den Europäischen
Rechtsvorschriften zu finden sein:
exx*168/2013*
„xx“ steht für das Länderkürzel der Genehmigungsbehörde. Beispiel DE:e1, IT: e3; NL: e4
Schlussfolgerung:
Die neuen Gesetzesänderungen widersprechen teilweise bestehenden europäischen Vorschriften.
Hinzu kommt, dass weiterhin Fahrzeuge (BMW R1200GS LC, KTM 1290 Adventure, Honda Africa Twin
CRF1000L, …) mit M+S-Reifen homologiert werden und diese explizit in den COC-Papieren vermerkt sind.Wie das deutsche Gesetz in der Praxis umgesetzt wird, können wir nicht vorhersagen.Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) könnte hier für Klärung sorgen, hat aber bisher keine Stellung
bezogen.
Daher haben wir unsere Reifenfreigaben für die betroffenen Fahrzeuge vorläufig an das deutsche Gesetz
angepasst.
Die geänderten Freigaben stehen ab sofort auf unserer Internetseite zur Verfügung.
Wir hoffen im Sinne aller Motorradfahrer und Reifenhersteller, dass sich das BVMI zeitnah zu dem
Sachverhalt äußert und für Klarheit sorgt.
Pierre Schäffer
Leiter Vertrieb Reifenwerk Heidenau