Der Road 4 war auch Teilnehmer bei unserem grossen Reifenstest 2015 auf der BMW S1000R
Da wir immer offen unsere Erfahrungen wiedergeben, müssen wir unsere Testerfahrungen mit dem Road 4 etwas revidieren.
Der Road 4 funktioniert auf schweren Tourensportlern sehr gut und hat hier den Testsieg verdient, aber nur bedingt können wir den Road 4 für Supersportler und sportliche Nakedbikes empfehlen.
Unser Fazit nach 2300 km auf der S1000R:
Ganz offen gesprochen, wir können nicht nachvollziehen, dass der Road 4 von Michelin einen Freigabe für die S1000R bekommen hat und der Power 3 nicht.
Bei Nässe ist der Road 4 derzeit der Reifen, an dem sich alle Mitbewerber messen müssen. Kein Reifen geht auch nur annähernd so sicher und mit einem so hohen Grenzbereich mit der nassen Fahrbahn um.
Sobald es jedoch trocken und warm wird und schnell, ändert sich das Bild.
Die weiche Karkasse und das durch viele Einschnitte gezeichnete Reifenprofil funktionieren im Bereich der Geschwindigkeiten des öffentlichen Verkehr noch ordentlich.
Aber bereits harte Bremsungen mit der Top-Bremse der S1000R bringen Unruhe ins Fahrwerk.
Das Vorderrad kann dann einfach die Linie nicht sauber halten. Vollbremsversuche bestätigen dieses Phänomen, das Heck der S1000R fängt leicht das Schlingern an.
Was die Wettbewerber im Tourensegment zu hart sind, ist der Michelin zu weich.
Im normalen Verkehr und ohne den direkten Vergleich zum Wettbewerb würde es einem gar nicht so extrem auffallen. Der Road 4 läuft sanft und rund ab, er fährt sich in etwa so wie eine Luxuslimousine.
Dieses Fahrverhalten behält er dann aber auch bei verschärfter Gangart bei und kommt somit deutlich früher an seine Grenzen. Nun ist stets etwas Unruhe im Fahrwerk, ein sauberer Strich ist schwerer zu finden.
Besonders auffällig ist, dass der Road 4 in der Größe 190-55R17 so gut wie nicht auf Kante zu fahren ist.
Die Kontur des Hinterreifens ist so steil gewählt, dass erst die Rasten der S1000R aufsetzen müssen, bevor der Angstreifen am Road 4 verschwindet.
Warum der Road 4 diese Kontur hat und somit eigentlich viel nutzbares Gummi bei Schräglage ungenutzt verschenkt, können wir nicht deuten. Eine Anfrage bei Michelin dazu wurde wie folgt beantwortet:
Die Kontur des Reifens ist so gewählt, daß er bei Geradeausfahrt und bei leichter Schräglage eine größere Auflagefläche im Vergleich zum Pilot Power 3 hat. Das verbessert die Kilometerleistung des Reifens.
Als Sport-Touring-Reifen sind Karkasse und Kontur des Pilot Road 4 so ausgelegt, daß bei zunehmendem Gewicht /steigender Beladung des Motorrades die volle Auflagefläche in Schräglage erreicht wird.
Bei einem vergleichsweise leichten Motorrad wie der BMW S 1000 R in Verbindung mit dem hohen Solo-Luftdruck von 2,9 bar hinten hat man deshalb bei normaler bis sportlicher Fahrweise auf der Landstraße einen Reservestreifen für noch tiefere Schräglagen.
Road 4, gemütlicher Tourenreifen mit extremen Regenqualitäten
Wir haben den Reifen in Spanien 2014 ausführlich testen können.
Begonnen wurde mit einer über 200 km langen Landstraßen-Ausfahrt. Nieselregen, trockene Abschnitte und teilweise auch Sonne begleiteten uns während diese 4 Stunden. Zwei der Michelin- Testfahrer leiteten unsere kleine Gruppe mit 8 Testern.
Die Streckenführung bot alles, was einem unter die Räder kommen kann. Dank EU-Fördergelder extrem gut ausgebaute kurvenreiche Stecken mit Top Asphalt, kurvenreiche stark beschädigte Holperstrecken sowie auch sehr schnelle Teilstücke.
Der geführte Teil verlief unspektakulär. Der Michelin Road 4 ließ sich weder durch Straßenaufbrüche, nasse Stellen oder aktiv eingeleitete Unruhen beeindrucken. Was sofort aufgefallen ist: der Road 4 ist nicht im Ansatz kippelig und verfolgt stur die angepeilte Linie.
Hier hat Michelin eine deutliche Verbesserung zum Vorgänger Road 3 geschafft.
Danach ging es auf die Rennstrecke Monteblanco, eine neu gebaute Strecke mit sehr vielen einzelnen abgeschlossenen Rennstreckenteilen.
Hier wurden drei Einzeltests vorgenommen.
Jeweils 4 Runden mussten wir dem Entwicklungsleiter der Radial-Motorradreifen auf einem rund 3 km langen Rundkurs folgen. Einmal auf einer kleinen Yamaha MT07 sowie einmal auf einer R1200RT. Es ist müßig zu erwähnen, dass auch hier immer am Anschlag gefahren werden musste.
Der „Tourguide“ hatte wenig Verständnis fürs Bummeln. Dieser Rennstreckenteil forderte den Road 4 zwar gewaltig, hinterließ am Profil jedoch nur Abnutzungsspuren, die auf einen herzhaften Einsatz hindeuten. Keine Rutscher, keine Anzeichen von Überhitzung, sehr neutrales Fahrverhalten.
Michelin erklärte dies damit, dass es gelungen ist, am Road 4 ein Temperaturfenster von 50 Grad zu schaffen.
Das bedeutet, der Road 4 funktioniert vom Gefrierpunkt bis knapp zu 50 Grad problemlos.
Lediglich am Vorderrad öffnen sich die bis ganz zur Seite heruntergezogenen Lamellen ein wenig. Die Entwickler, auf dieses Phänomen angesprochen erklärten, dass dies gewünscht sei, damit auch bei tiefer Schräglage der Wasserfilm geschnitten wird und somit auch in tiefer Schräglage noch genügend Traktion vorhanden sei.
Im nächsten Testteil wurde das Nassbremsverhalten des neuen Michelin Road 4 mit dem des Testsiegers aus dem Tourenreifen-Test von Motorrad 2013, dem Metzeler Z8 (M/O) verglichen.
Dazu wurde eine lackierte Fläche unter Wasser gesetzt um einen Reibwert, ähnlich Glatteis, bzw. nassem Zebrastreifen zu erhalten.
Es standen zwei Yamaha FZ1 mit ABS zur Verfügung (mit Stützrädern) und es musste mit 50 km/h auf diese Fläche gefahren werden und dann im vollen ABS-Regelbereich gebremst werden. Beide Mopeds waren mit einem GPS-Messsystem ausgestattet um die Bremsverzögerungsunterschiede zu ermitteln. Diese Systeme waren jedoch komplett überflüssig. Alle Tester kamen bei rund 30% der Strecke vor dem Metzeler Z8 zu stehen, in Metern eine Strecke von rund 10 Metern.
Eindrucksvoll, was diese kleinen Lamelleneinschnitte bei diesen glatten Fahrbahnoberflächen doch bewirken.
Letzter Testteil:
Eine rund 1 km lange kurvige Teststrecke wurde bewässert und wir sollten nun 4 Runden so schnell wie möglich diese Strecke umrunden.
Zuerst musste eine sehr fiese Linkskurve gefahren werden, die dann zuzog und zusätzlich dann bergab in eine weite Rechts überging. Hier sollte so schnell wie möglich durchgefahren werden. Auf der folgenden Geraden musste auf 110 km/h beschleunigt werden und dann an zwei Pylonen innerhalb einer abgesteckten Strecke eine Vollbremsung gemacht werden.
Danach wieder voll beschleunigen, eine weitere Linkskurve, diesmal mit rund 2 cm Wasserbach zusätzlich geflutet und dann auf der folgenden Geraden eine Übung:
Mit 70 km/h in eine durch Pylonen vorgegebene Linkskurve einfahren und dabei eine Vollbremsung im ABS-Regelbereich machen. BEI NÄSSE, VOLLBREMSUNG und dabei AUSWEICHEN???
Kurzum…geht…Verlangt zwar das Körpergewicht komplett nach Links zu verlagern und wider allem Gelernten die Bremse beim Ausweichen nicht aufzumachen....aber es geht??!!
Zusammenfassend müssen wir sagen…
Es gibt aus unserer Sicht aktuell keinen Reifen mit Strassenzulassung der ein solches Nässepotential aufweist.
Motorrad bestätigt unseren Test
Testsieger Motorrad 11/2014